„Yksi, kaksi, kolme“ – das dritte Reiseziel in Halle an der Saale entführt nach Finnland.
„Ich bin aus Finnland rausgeflogen, weil ich so viel rede“, erzählt Alina und lacht. Als besonders offenherzig gelten die Finnen tatsächlich nicht. Ein alter Witz besagt, man erkennt einen aufgeschlossenen Finnen daran, dass er beim Gespräch immerhin die Füße seines Gegenübers anschaut und nicht nur die eigenen. Alina, die Gastgeberin unseres dritten „Weltreise durch Wohnzimmer“-Abends bestätigt dieses Klischee nicht.

Acht Reisende konnten sich für die Wohnzimmerreise nach Finnland anmelden. Am schnellsten sicherten sich acht Frauen ihr Reiseticket. Es hätte somit eine reine Mädelsrunde werden können, hätte sich nicht spontan Besuch bei unserer finnischen Gastgeberin angekündigt. Tapio, ein Freund aus Oulu, war zufällig genau zum Weltreisetermin in Halle zu Gast. Im Gemischten Doppel stellten die beiden somit ihr Heimatland vor. Alina, die weltgereiste, perfekt Deutsch sprechende Studentin aus Eura, einer kleinen Gemeinde im südwestlichen Finnland, und Tapio, der kaum Deutsch sprach, dafür aber aus Halles Partnerstadt Oulu in Lappland kommt und somit den Norden Finnlands vorstellen konnte.

Die finnische Sprache eröffnete auch den Wohnzimmerabend. Alina stellte sich auf Finnisch vor („Minun nimeni on Alina“) und ermunterte alle Gäste, sich ebenfalls auf Finnisch vorzustellen, was erste verknotete Zungen zur Folge hatte. „Kippis“ (Prost!) konnten sich die Gäste schon besser merken, obwohl Tapio auch mit seiner nordfinnischen Variante „Hölökyn kölökyn!“ Begeisterung auslöste. Angestoßen wurde – natürlich – mit süßlich-würzigem Salmiakki, dem berühmten finnischen Lakritzlikör. Dass Finnisch eine ganz einfache Sprache ist, zeigte Alina mit einem Arbeitsblatt, auf dem Bilder finnischen Vokabeln zugeordnet werden sollten. „sitruuna“ – Zitrone, „sukka“ – Socke, „kruunu“ – Krone. Finnisch ist doch ganz leicht! Nur dass „Saksa“ nicht für Sachsen sondern ganz Deutschland steht, erforderte etwas Grübelei.

Bei finnischen Schnittchen, Roggenbrot mit Munavoi (einem Butter-Ei-Aufstrich), Rieska (Alina übersetzt sie ins Deutsche mit „Kartoffelpfannkuchenbrot“) und natürlich Lakritz und Schokolade kamen Gäste und Gastgeber ins Gespräch. Alina räumte mit einigen Missverständnissen auf. „Das mit der Sauna haben die Deutschen irgendwie falsch verstanden!“, seufzt sie und berichtet von verwirrten Finnen, die von deutschen Saunameistern in die Schranken gewiesen werden, als sie selbst einen Aufguss machen wollten („Einen Aufgussmeister? So etwas gibt es in Finnland gar nicht!“) oder fassungslos das fast schon rituelle Luftdurchwedeln mit dem Handtuch beobachteten.

Alina wollte als Reiseleiterin aber vor allem wissen, welche Vorstellungen ihre Gäste von Finnland haben, und auf Themen eingehen, die alle interessieren. So kam das Gespräch von klischeebesetzten Themen schnell auch zu verblüffenden Eigenheiten des Landes wie kuriosen Sportarten („Gummistiefelweitwurf“, „Fußball auf Sumpf“ oder „Frauentragen“) oder die finnische Variante der „Butterfahrten“, bei denen auf Fährüberfahrten nach Schweden oder Estland literweise Alkohol gekauft wird. Viele nehmen sich dafür extra einen Handwagen mit. Als Alina so einen Butterfahrtenhandwagen hervorzauberte, den ihr ihre Großmutter nach Halle mitgegeben hatte, ist das Gelächter groß.

Tapio hatte Fotos aus Lappland mitgebracht, mit denen die Gäste einmal durch alle vier Jahreszeiten reisen konnten, Eindrücke von winterlichen Nordlichtern und sommerlichen Moltebeeren inklusive. Und oft wurden politische und gesellschaftliche Themen angesprochen, wie die gerade erst durchgeführten Parlamentswahlen, die strenge Wehrpflicht im Land oder das hochgelobte finnische Bildungssystem, das Alina in vielen Punkten zwar genossen hatte, das sie jedoch auch fürs Studium nach Deutschland brachte, da Studienplätze in Finnland sehr viel schwieriger zu ergattern sind.

„Merkt ihr den Klimawandel?“, wollte noch ein Gast wissen. Tatsächlich hätte es in Oulu diesen Winter gerade einmal anderthalb Monate Schnee gegeben, antwortete Tapio, was für Nordfinnland unfassbar wenig ist.

Was bleibt von so einem finnischen Wohnzimmerabend? Die Gäste nehmen ganz vielschichtige Erkenntnisse mit. Und oben drauf noch kulinarische Empfehlungen (alle sollen unbedingt „Karjalanpiirakka“ (karelische Piroggen) in Finnland probieren, Alinas liebstes finnisches Essen) und Tipps für Mittsommer, da ein Gast tatsächlich zu dieser Zeit in Helsinki sein wird.

Ein Gast verlässt das Wohnzimmer sogar mit dem Wunsch, selbst bald finnisch zu lernen. Das ist ja bestimmt auch ganz leicht.

Kiitos Alina und Tapio!

 

(Bericht von Lisa Osterburg, Franckesche Stiftungen, Halle an der Saale)