„Warum gibt es nie Reisen in deutsche Wohnzimmer?“ wurde ich schon öfter gefragt. Nur, weil man in Deutschland lebt, hat man noch lange keine Einladungen zu Deutschen. Diese Frage habe ich gern zum Anlass genommen, zu mir einzuladen (per Zoom – coraonabedingt). Seit dem Entschluss, selber Reiseleiterin zu sein, kann ich mich noch besser in die Situation einer Weltreise durch Wohnzimmer-Reiseleiterin einfühlen.

Als erstes wird ein Reisetermin festgelegt und dann überlegt, was ich mit meinen Gästen kochen könnte. Was würde ihnen wohl schmecken? Was ist typisch deutsch? Habe ich ein traditionelles Familienrezept? Ich habe mich für unser Familienrezept „Mandarinenquartorte“ entschieden. Werden die zwei Stunden reichen, um die Torte zu backen und dann gemeinsam zu essen und nebenbei auch noch genug aus meinem Leben zu erzählen? Sicherheitshalber habe ich mit der Stoppuhr Probe gebacken. Ich habe 20 Minuten für den Boden gebraucht, 20 Minuten fürs Herstellen der Füllung und 9 Minuten fürs Füllen und Dekorieren der Torte = 49 Minuten. Dann habe ich noch mehr als eine Stunde zum Erzählen. Das müsste passen.

Als nächstes habe ich Fotos aus meinem Leben herausgesucht. Fotos von Familienfesten. Meine Taufe, Konfirmation und Hochzeit. Ostern, Weihnachten. Erster Schultag, Urlaub, Hobbies, Kinderkarneval, Kindergeburtstag. Es war ein komisches Gefühl, mein ganzes Leben Revue passieren zu lassen und immer zu überlegen „Wird es die Reisenden wohl interessieren?“.

Außerdem habe ich ein paar Fotos von Hameln, meiner Geburtsstadt herausgesucht um den Reisenden die Rattenfängersage zu erzählen. So viel Zeit muss sein. 🙂

14 Reisende haben sich dann per Zoom dazugeschaltet. Die Reisegruppe kam aus dem Irak, dem Iran, der Türkei, Afgahanistan, Nigeria, Burkina Faso, Guinea, Eritrea, El Salvador, China, Deutschland und England. Neun davon haben mitgebacken. Die anderen hatten entweder keinen Ofen, keinen Mixer oder eine Allergie. Sie haben sich dann nur die Fotos angeschaut und den Erzählungen gelauscht.

Zum Schluss haben wir dann den Kuchen gemeinsam gegessen und ich war ganz gespannt, ob es allen schmeckt.

Besonders hat mich gefreut, dass Zhi aus China sehr glücklich und stolz war, dass sie mit uns ihre erste deutsche Torte gebacken hat, die gelungen ist.

Ich freue mich, dass ich jetzt nicht nur die Erfinderin der Weltreise durch Wohnzimmer bin, sondern nun auch zum Kreis der Reiseleiter und Reiseleiterinnen gehöre. 🙂

Vielen Dank an alle, die sich für mich und mein Leben interessiert haben.

Catrin