Jede Weltreise durch Wohnzimmer ist einzigartig und nie weiß man vorher, was Gutes passieren wird. Im Rahmen der Woche des bürgeschaftlichen Engagements waren wir bei Nick B. Ponter, dem englischen Buchautor zu Gast, der uns von seinem bewegten Leben erzählt hat.

Angefangen hat sein Leben in Ascot (vielen vom Pferderennen bekannt) in der Nähe von Windsor (Windsor Castle ist auch nicht unbekannt), wo er die ersten 16 Jahre seines Lebens aufgewachsen ist. Ab da war es ihm irgendwie ein bisschen eng daheim und er wollte mehr von der Welt sehen.

Beruflich begann Nick als Tischler, später war er für sechs Jahre englischer Diplomat in Pakistan und Bangladesch. Letztendlich ist er in Deutschland gelandet und gibt hier schon seit mehr als zehn Jahren Englisch für Berufstätige in Firmen, deren Personal teilweise im Ausland tätig ist und dafür Business-Englisch benötigt. Privatpersonen, die Englisch lernen möchten, sei es für Freizeit oder Beruf, sind natürlich auch bei Nick an der richtigen Stelle. Nicks Kurse finden vor Ort in den Firmen statt und sind außerdem auch online möglich.

Nicks Woche könnte gut und gerne 9 anstatt 7 Tagen haben, obwohl sein Tag für ihn schon um 4.30 Uhr beginnt. Von seiner Lebensenergie musste er uns nichts erzählen, die war während der mehr als 2 Stunden immer klar zu spüren. 15 Fotos hat Nick uns gezeigt, die er immer als Aufhänger genutzt hat, um von einigen Highlights in seinen Leben zu berichten.

12 Reisende im Alter von 18 bis 86 sind mit Nick auf digitale Weltreise durch Wohnzimmer gegangen und haben unter Nicks Anweisungen auch noch ein Hähnchen-Tomaten-Curry gekocht. Das Gericht erinnert ihn immer an seinen Lebensabschnitt in Asien und hat allen Mitreisenden ausgezeichnet gemundet.

Bei den digitalen Reisen ist es egal, ob man in der Nachbarschaft des Reiseleiters wohnt oder weit weg (Sogar manchmal in einem anderen Land – das ist für mich immer wieder aufs Neue faszinierend.). Durch die Zoom-Konferenzschaltung wirkt es so, als würden wir alle an einem Tisch sitzen. Besonders immer zum Schluss, wenn wir gemeinsam das zubereitete Gericht essen.

Eine besondere Entwicklung hat diese Englandreise für Fatema genommen. Fatema wollte an der Unterhaltung mit Nick teilnehmen, hatte aber durch persönliche Umstände keine Möglichkeit, mitzukochen. Als sich die Reisenden bei Nick zu Reisebeginn vorstellten, wurde plötzlich klar, dass Fatema und Katja in der gleichen Stadt wohnen und sogar nur ein paar Häuser voneinender entfernt. Somit hat Katja kurzerhand zu sich eingeladen und Fatema wusste gar nicht wie ihr geschah. Da wurde für Katja und Fatema aus einer digitalen Reise ganz plötzlich eine analoge. 🙂

Man weiß morgens nicht, was der Tag einem so Gutes bringt.

Ach ja, und wer Nicks englischen Fantasyroman „Connor Jackson an the Memory Thieves“ lesen oder als Hörbuch genießen möchte, der sollte nicht länger zögern.

Lieber Nick, vielen Dank für deine Zeit und deine Geschichten. Es war großartig mit dir.

 

„Warum gibt es nie Reisen in deutsche Wohnzimmer?“ wurde ich schon öfter gefragt. Nur, weil man in Deutschland lebt, hat man noch lange keine Einladungen zu Deutschen. Diese Frage habe ich gern zum Anlass genommen, zu mir einzuladen (per Zoom – coraonabedingt). Seit dem Entschluss, selber Reiseleiterin zu sein, kann ich mich noch besser in die Situation einer Weltreise durch Wohnzimmer-Reiseleiterin einfühlen.

Als erstes wird ein Reisetermin festgelegt und dann überlegt, was ich mit meinen Gästen kochen könnte. Was würde ihnen wohl schmecken? Was ist typisch deutsch? Habe ich ein traditionelles Familienrezept? Ich habe mich für unser Familienrezept „Mandarinenquartorte“ entschieden. Werden die zwei Stunden reichen, um die Torte zu backen und dann gemeinsam zu essen und nebenbei auch noch genug aus meinem Leben zu erzählen? Sicherheitshalber habe ich mit der Stoppuhr Probe gebacken. Ich habe 20 Minuten für den Boden gebraucht, 20 Minuten fürs Herstellen der Füllung und 9 Minuten fürs Füllen und Dekorieren der Torte = 49 Minuten. Dann habe ich noch mehr als eine Stunde zum Erzählen. Das müsste passen.

Als nächstes habe ich Fotos aus meinem Leben herausgesucht. Fotos von Familienfesten. Meine Taufe, Konfirmation und Hochzeit. Ostern, Weihnachten. Erster Schultag, Urlaub, Hobbies, Kinderkarneval, Kindergeburtstag. Es war ein komisches Gefühl, mein ganzes Leben Revue passieren zu lassen und immer zu überlegen „Wird es die Reisenden wohl interessieren?“.

Außerdem habe ich ein paar Fotos von Hameln, meiner Geburtsstadt herausgesucht um den Reisenden die Rattenfängersage zu erzählen. So viel Zeit muss sein. 🙂

14 Reisende haben sich dann per Zoom dazugeschaltet. Die Reisegruppe kam aus dem Irak, dem Iran, der Türkei, Afgahanistan, Nigeria, Burkina Faso, Guinea, Eritrea, El Salvador, China, Deutschland und England. Neun davon haben mitgebacken. Die anderen hatten entweder keinen Ofen, keinen Mixer oder eine Allergie. Sie haben sich dann nur die Fotos angeschaut und den Erzählungen gelauscht.

Zum Schluss haben wir dann den Kuchen gemeinsam gegessen und ich war ganz gespannt, ob es allen schmeckt.

Besonders hat mich gefreut, dass Zhi aus China sehr glücklich und stolz war, dass sie mit uns ihre erste deutsche Torte gebacken hat, die gelungen ist.

Ich freue mich, dass ich jetzt nicht nur die Erfinderin der Weltreise durch Wohnzimmer bin, sondern nun auch zum Kreis der Reiseleiter und Reiseleiterinnen gehöre. 🙂

Vielen Dank an alle, die sich für mich und mein Leben interessiert haben.

Catrin

Das erste Mal, dass drei Freundinnen gemeinsam Reiseleiterinnen waren. Lilo, Florence und Donata kommen aus Kenia und haben sich erst in Hamburg kennengelernt. Florence kommt aus Kisumu am Victoriasee, Donata aus Mombasa am Indischen Ozean und Lilo aus Kenias Hauptstadt Nairobi. Lilo und Florence kennen sich schon 10 Jahre und Donata hat die beiden vor 5  Jahren zum ersten Mal getroffen. Inzwischen sind sie Geschäftsparterinnen geworden. Florence ist Modedesignerin und Donata bietet afrikanische Desingermode auf der Website www.afroschick.de an. Alle zusammen organisieren auch gerne Musikevents von afrikanischen Bands und sorgen dafür, dass alles reibungslos läuft.

Durch den Hamburger Verein „Miteinander in Bergedorf e.V.“ ist der Kontakt zu uns entstanden. Darüber sind wir sehr glücklich.

Diese Reise fand digital statt. Also standen die drei Freundinnen in Hamburg am Laptop und die 12 Reisenden waren per Zoom aus Kenia, dem Sauerland, dem Odenwald, Ostwestfalen und Hamburg dazugeschaltet.

Erst haben wir uns gemeinsam die Kenia-Landkarte angeschaut, um uns zu orientieren, wo die Gastgeberinnen genau herkommen.

Danach durften wir ein paar Familienfotos von Florence sehen und sie hat uns von ihrer Familie erzählt. Ihre Schwester und ihr Bruder aus Kenia waren zu uns dazugeschaltet.

Dann haben wir nach den Anweisungen unserer Reiseleiterinnen das Gericht „Ugali Nyama Cabbage“ zubereitet.

Jeder hat in seiner Küche Gemüse gewaschen, geschnippelt und gegart. Dazu gab es Grießbrei.

Beim Schnippeln des Gemüses haben wir ab und zu ein Foto der Freundinnen beim Einsatz auf ihren Events angeschaut.

Die Zeit verging wie im Flug.

Nach knapp einer Stunde und 45 Minuten haben wir gemeinsam gegessen. Jeder in seiner Küche und haben uns gefreut, 2 Stunden mit so tollen Frauen erleben zu dürfen.

1000 Dank für eure Offenheit und Gastfreundschaft. Alles Gute für euch privat und geschäftlich!

 

Buschtrommeln sind zu hören, ein Lagerfeuer brennt. Im Bach liegen gekühlte Getränke. Die geschnitzte Holzmaske hängt am Haus zur Beschwörung böser Geister und der Erinnerung an Ahnen, drei Erdmännchen aus Holz schauen uns aufmerksam an.

 

Wo wir sind? Nicht in Namibia, sondern in einem Garten in Oberzent. Dort wohnt Eva, die zusammen mit der Ehrenamtsagentur des Odenwaldkreises eine „Weltreise durch Wohnzimmer“ (wegen Corona im Garten) veranstaltet hat und von ihren Gästen nur beim Vornamen genannt wird. Bei der „Weltreise durch Wohnzimmer“ öffnen Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind, für zwei Stunden ihr Wohnzimmer/ihren Garten, um von sich, ihren Familien und ihrem Herkunftsland zu berichten.

 

Die 15 Gäste, die sich bei Eva eingefunden haben, werden mit „Biltong“ (getrocknetem Fleisch), „Droe’Wors“ (Trockenwurst), „Windhoek“ Lager-Bier, Cider und einem namibianischen Rock-Shandy (Cocktail) herzlich willkommen geheißen – und mit den Worten „Where do you come from – Germany? Dann können wir ja auch Deutsch reden.“

 

Die 62-jährige Gastgeberin hat viel zu erzählen. Ihr Opa kam als Soldat 1903 in die Kolonie Deutsch-Südwest-Afrika. Die Schutztruppe hatte die Aufgabe, die damaligen kolonialen Interessen durchzusetzen. Der Vater war Bohrmeister und half erfolgreich mit der Wünschelrute bei der Wassersuche und Brunnenbohrung in dem trockenen Land. Die kleine Eva lernte, weil sie manchmal mit zur Arbeit durfte, schon als Kind das eindrucksvolle Land kennen. Es folgte nach dem Besuch der deutschen Schule ein Studium in Südafrika, da in Namibia noch keine Universitäten waren, die Familiengründung und die Geburt zweier Söhne.

 

Ein einschneidendes Erlebnis änderte ihr Leben: Bei einem Stau auf der Autobahn blickte sie plötzlich einer Pistole in den Lauf. Die Apartheid forderte ihren Tribut, wobei es auch zu gewaltsamen Unruhen und Übergriffen kam. Zum Glück löste sich der Stau auf und so konnte sie entfliehen. Dieses Ereignis setzte sich jedoch bei ihr fest und die damalige Anstellung bei der Firma SAP-Johannesburg ermöglichte es ihr, mit der ersten „Greencard“ als IT-Fachfrau nach Deutschland zu kommen. Seit 2008 wohnt sie nun im eigenen Häuschen in einem Stadtteil von Oberzent.

 

Mit kleinen Anekdoten, Bildern und einem Buschmann-Fondue lernten die Gäste bei dieser „Weltreise durch Wohnzimmer“ viel über Land und Leute aus erster Hand. Auch dass es wichtig ist, seine Wurzeln zu behalten, denn in Evas Brust schlagen zwei Herzen: eines für die alte und eines für die neue Heimat und beide sollen ihren Platz behalten. Eva zitiert ein altes Gedicht: „,Man kann Afrika nicht verlassen‘, sagte Afrika, ,meine Flüsse laufen in Strömen im Wirbel Deiner Daumenabdrücke, meine Trommeln trommeln Deinen Puls, meine Küste widerspiegelt die Silhouette Deiner Seele.‘“

 

Aus den ursprünglich angesetzten zwei Stunden wurden mehr als drei und beim Abschied bekam jeder der nachhaltig beeindruckten Gäste noch einen Stempel sowie eine Widmung in den Weltreisepass: „Wende Dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter Dich.“

 

Die nächste Reise führt am Donnerstag, 29. September 2020, 18:00 Uhr, nach Israel und zwar dieses Mal online am PC, Laptop, Tablet oder Handy. Anmeldungen und Anleitung dazu sind ab sofort unter ehrenamt@odenwaldkreis.de oder telefonisch bei der Ehrenamtsagentur unter 06062 70-127 möglich. Informationen zur „Weltreise durch Wohnzimmer“ stehen auf der Internetseite des Kreises www.odenwaldkreis.de unter dem Stichwort „Leben im Odenwaldkreis“ und dem Unterpunkt „Ehrenamt / Vereine“.

(Bericht und Foto: Ehrenamtsagentur Odenwaldkreis)

Der Fiat 500 steht in der Einfahrt, der erste Besucher ist mit einer Vespa gekommen. Im Haus riecht es nach frischgemahlenem Espresso, die gefüllten Amalfi-Zitronen mit dem Spezialrezept stehen bereit, im Backofen wartet ein besonderes Pizzabrot. Wo sind wir? Nicht an der Amalfi-Küste, sondern in einem gemütlichen Wohnzimmer in Michelstadt. Dort wohnt Raffaela, die zusammen mit der Ehrenamtsagentur des Odenwaldkreises die erste „Weltreise durch Wohnzimmer“ veranstaltet hat und von ihren Gästen nur beim Vornamen genannt werden möchte.

Bei der „Weltreise durch Wohnzimmer“ öffnen Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind, für zwei Stunden ihr Wohnzimmer, um von sich, ihren Familien und ihrem Herkunftsland zu erzählen.

Die zwölf Gäste, die sich eingefunden haben, werden mit einem italienischen Aperitif herzlich willkommen geheißen. Im Türdurchgang steht auf Italienisch: „Jede Reise erlebt man drei Mal: beim Erträumen, beim Erleben und in der Erinnerung“. Und etliche Erinnerungen wurden wach im „Casa Raffaela“. Die 62-jährige Gastgeberin hat viel zu erzählen: von ihrem Land, ihrer persönlichen Geschichte und ihrem Weg nach Deutschland. Sie kam 1967 mit zehn Jahren mit ihrer Schwester aus Maiori an der Amalfiküste zu ihrem Vater nach Höchst im Odenwald.

Er gehörte zur ersten Gastarbeitergeneration aus Italien, verdiente Geld und half, die schnell wachsende Wirtschaft in Deutschland aufzubauen. „Wir bleiben nur für zwei Jahre“, war die Ansage. Die kleine Raffaella musste sich, ohne ein Wort Deutsch zu verstehen, in ihrer neuen fremden Welt zurechtfinden. Deutsch lernte sie ohne besondere Sprachkurse mühsam in der Schule und spielend leicht beim Wandern, denn die nette Nachbarin schenkte ihr Kniebundhosen, Strümpfe und nahm sie mit auf die Wanderungen des Odenwaldklubs.

Mit solchen kleinen Anekdoten, Bildern und kulinarischen „Großartig-Kleinigkeiten“ lernten die Gäste bei dieser „Weltreise durch Wohnzimmer“ viel über Land und Leute aus erster Hand. Auch dass es wichtig ist, seine Wurzeln zu behalten, denn in Raffaellas Brust schlagen zwei Herzen: eines für die alte und eines für die neue Heimat und beide sollen ihren Platz behalten. Die Gäste erfuhren auch typische Eigenheiten der Kulturen und was Deutschland in 70 Jahren aus Italien für sich mitgenommen hat. Zum Beispiel sind das Leben auf den Straßen und Plätzen, die Mode, der caffè (Espresso) und viele andere Leckereien nicht mehr wegzudenken.

Aus den ursprünglich angesetzten zwei Stunden wurden drei und beim Abschied wurde sich, ganz italienisch, herzlich gedrückt und nicht förmlich die Hand geschüttelt. Ein Gast befand: „semplicemente fantastico“ – einfach fantastisch.

(Bericht von der Ehrenamtsagentur des Odenwaldkreises)

 

 

 

 

 

 

 

9/2019

Wir merkten sofort bei der Begrüßung im Treppenhaus, wie sehr sich Zülfiyya über die 13köpfige Reisegruppe freut. Eigentlich war die Gruppe einen Hauch zu groß für ihr Wohnzimmer, aber Zülfiyya ist der Meinung, dass beim Empfang von Gästen die Größe des Herzens entscheidender ist, als die Größe des Wohnzimmers. Wie wahr!

Sie erarbeitet sich so nach und nach ihren Lebensweg in Deutschland. Grundsätzlich gefällt es ihr hier gut, aber der Umgang der Familien mit ihren Eltern bzw. Großeltern im hohen Alter schockiert sie stark. Sie hat den Vater eines deutschen Freundes oft hier im Altersheim besucht und kann sich nicht mit der Existenz von Altersheimen anfreunden.  In Aserbaidschan kümmern sich grundsätzlich die Kinder um die älter werdenden Eltern. Üblicherweise sind die alten Eltern abwechselnd bei den Kindern für ein zwei Wochen, so dass der Kontakt, die Fürsorge und Versorgung der Älteren sich auf mehreren Schultern der Kinder verteilt.

Zülfiyya hat uns von den reichen Bodenschätzen Aserbaidschan erzählt, von den 9 Klimazonen, dem Schulsystem, den schmackhaften, sonnenverwöhnten Früchten und Gemüsesorten ihres Herkunftslandes.

In Aserbaidschan ist es normal, sich in drei Sprachen perfekt ausdrücken zu können: Aserbaidschanisch, Türkisch und Russisch. Das ist sehr beeindruckend.

Die Tafel war von Zülfiyya reich gedeckt mit köstlichen Speisen und ein Reisender sagte „Irgendwie fühlt es sich bei dir an, als wäre ich bei der eigenen Familie zu Besuch.“

Ja, wir fühlten uns von Zülfiyya mit ihrer Herzenswärme umarmt.

Vielen Dank, Zülfiyya, dass du uns dieses Gefühl vermittelt hast.

 

 

9/2019

Zübeyde lebt seit ihrem siebten Lebensjahr in Deutschland und ist ähnlich gern in Deutschland wie in der Türkei.

Während der zweistündigen Reise, kamen immer mal Familienmitglieder ins Wohnzimmer und begrüßten die Reisegruppe. So haben wir nach und nach den Ehemann und die beiden erwachsenen Söhne kennengelernt und konnten auch ihnen Fragen zu ihrem Leben stellen.

Zübeyde hat uns über ihr anstrengendes Leben mit Schichtarbeit und Versorgung der Familie erzählt, von ihrer Arbeit in der Moschee-Gemeinde, von ihren Freundinnen, die sie einmal im Monat in großer Runde trifft, von ihrer Verwandtschaft in der Türkei und von ihren Plänen fürs Alter.

Der älteste Sohn hat von der Möglichkeit an türkischen Universitäten Klausuren auf Deutsch, Englisch oder Türkisch abzulegen berichtet.

Zübeyde hat uns köstlich bewirtet und ihr Mann hat reichlich Tee nachgeschenkt. Wir fühlten uns sehr willkommen.

Wir dürfen jederzeit wieder zu ihr kommen. Einfach klingeln und ein bisschen quatschen.

Danke Zübeyde!

 

 

9/2019

Mayuri hat uns in einem wunderschönen rotgoldblauen Sari (4 m Stoffbahn, gekonnt um ihren Körper gewickelt) mit Linsen, gebratenen Auberginen und Kartoffelklößchen begrüßt.

Anhand ihrer Hochzeitsfotos hat sie uns unterschiedliche indische Rituale erläutert.

Durch Mayouris Erzählungen konnten wir ein bisschen in ihr indisches Leben eintauchen:

  • die strenge Erziehung in einer Klosterschule (vom Kindergarten bis zum Abitur) in Kalkutta nur für Mädchen, Schuluniform, kurze Fingernägel, keine Schminke, Englisch als Unterrichtssprache, wenn Hindi gesprochen, wurde gab es eine Strafgebühr von einer Rupie
  • ihre Studienzeit mit 2tägigen Zugfahrten, wenn sie von einer in die andere Stadt fuhr

Mit dem Flugzeug von Deutschland nach Indien zu fliegen, dauert 8 Stunden. Kein Vergleich zu den anstrengenden Zugfahrten, die sie innerhalb von Indien gewohnt war. Da ihr Vater bei der indischen Bundesbahn (Indian Railways) und für seine Familie freie Fahrt mit der indischen Bahn hatte, kam es nicht in Frage, alternative Verkehrsmittel zu benutzen.

Als Mayouris Lieblingsfest hat sie uns das Durga-Fest erläutert. Durga ist die Göttin der Vollkommenheit – mit acht Armen und drei Augen. Das Fest ist von der Wichtigkeit vergleichbar mit unserem Weihnachtsfest. Zu dem Fest bekommen die Frauen und Mädchen immer Saris als Geschenk. Quasi das Outfit für die kommenden 12 Monate bis zum nächsten Durga-Fest.  Mit 12 geschenkten Saris wäre man für das kommende Jahr gut aufgestellt.

Jedem Touristen, der gerne mal nach Indien reisen möchte, empfiehlt Mayouri in Goa die Indienreise zu beginnen, um sich langsam auf die sehr ungewohnte Umgebung einzulassen.

Mayouri, 1000 Dank, dass du uns als Reisende empfangen hast. Es war sehr beeindruckend, von dir und deinem Geburtsland zu hören.

 

9/2019

Thierno musste sich beeilen: um 14 Uhr endet samstags sein Deutschkurs und um 15 Uhr hatten sich schon die Reisenden angekündigt. Es sollte Reis mit Süßkartoffeln, Fleisch und Erdnusssoße geben. Da haben wir ihm doch gern geholfen und die Süßkartoffeln kleingeschnitten und frittiert und das Fleisch kleingeschnitten und gegart. Thierno hat es dann mit Erdnusssoße abgeschmeckt und allen Reisenden hat es gegen 16 Uhr sehr gemundet.

Thierno hat von seinem alten Leben in Guinea erzählt und von seinem neuen Leben in Deutschland. Er ist im zweiten Lehrjahr in einer Maler- und Lackiererausbildung. Die Arbeit mach ihm viel Spaß. Thierno wohnt in einer Dreier-WG mit zwei Kumpels aus Afrika, die auch eine Ausbildung absolvieren: Koch und Maurer.

Thierno hat uns von der schönen Natur in Guinea vorgeschwärmt (Berge, Flüsse und Inseln) und Fotos aus seiner Heimat mit seiner Familie gezeigt.

Wir konnten uns gar nicht vorstellen, dass manche Menschen in Guinea keine Adresse, keinen Briefkasten und kein Konto haben. Alle drei zu besitzen, ist in Deutschland eine Selbstverständlichkeit.

Thierno, deine lebensfrohe Art hat uns sehr beeindruckt.

Vielen Dank, dass du dir Zeit für uns genommen hast.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

9/2019

Reza ist bildender Künstler und somit öffnet er uns sein lichtdurchflutetes Künstleratelier.

Wir können einen Teil seiner und einige Werke seiner Kunstschüler bestaunen.

Reza strahlt eine große Ruhe und Weisheit aus. Er erzählt von seinen ersten Eindrücken in Deutschland bei seiner Ankunft vor 35 Jahren, von seiner Arbeit und seinem Studium im Iran und dem Neuanfang in Deutschland.

Reza berichtet von der herzlichen Gastfreundschaft in seinem Geburtsland, von der Suppe, die aus 17 Kräutern besteht, vom Neujahrstisch, auf dem 6  Dinge, die mit „S“ anfangen stehen, von dem Duft von Eukalyptus und Nelken, von 37 Kulturen, die es im Iran gibt, von seinen Geschwistern, von seinem Dorf und seiner Stadt und noch von Vielem mehr.

Zwei Stunden waren viel zu schnell um.  Wir hätten noch stundenlang weiter zuhören können.

Danke, Reza, für deine Offenheit.

8/2019

Der WDR dreht ein Sommerspecial zum Thema Reisen und wir wurden gefragt, ob wir ihnen erlauben, eine Weltreise durch Wohnzimmer zu drehen.

Drei spannende Frauen sollen dokumentiert werden: Annelie, die pilgert, Kim, die im Rollstuhl reist und Margarita, die ihr Wohnzimmer zehn Unbekannten öffnet und von ihrem Geburtsland Peru erzählt.

Margarita hat Lust auf „das Abenteuer Fernsehen für einen Tag“.

Zu dritt reist das Team des WDR an und begleitet Margarita bei den Vorbereitungen für ihre Wohnzimmerweltreise ( Essen für die Reisenden zubereiten, die peruanische Tracht anziehen) und bei der Reise selbst.

Margarita erzählt von ihrem Dorf in den Anden, von Festen, den Unterschieden von deutschen und peruanischen Festen und vielen Traditionen.

Sie reicht als Snack Causa, einen peruanischen Kartoffelauflauf, der kalt gegessen wird.

Margarita liebt es, zu singen und zu tanzen und so bleibt es für alle Reisenden ein unvergessliches Erlebnis.

Liebe Margarita, danke dass du so mutig warst, deine Wohnzimmerreise auch dem Fernsehpublikum zu zeigen.

Liebes WDR-Team, vielen Dank, dass Sie Interesse an unserem horizonterweiternden Begegnungsprogramm haben.

Ab Minute 19 ist Margarita zu sehen, aber die Berichte von Annelie und Kim sind auch sehr sehenswert:

 

https://wdrmedien-a.akamaihd.net/medp/podcast/weltweit/fsk0/199/1990629/frautv_2019-08-29_maedelsabendedasreisetagebuchdreifrauendreiabenteuer_wdr.mp4

Syrische Herzlichkeit
Syrien duftet nach starkem Kaffee und schmeckt nach Kardamom – so zumindest ist der erste Eindruck der kleinen Reisegruppe, die sich in der kleinen Wohnung unseres Gastgebers Esmail versammelt. Denn kaum haben alle am Boden auf den Kissen und Decken Platz genommen, geht Esmail mit einer wunderschön verzierten Kaffeekanne herum und schenkt starken, bitteren, mit Kardamom gewürzten Kaffee ein. Die Kaffeetassen rotieren, denn es ist üblich, sich die Tasse mit anderen Gästen zu teilen. Wer gerne nachgeschenkt bekommen möchte, hält die Tasse still, wer genug hat, wackelt ein bisschen mit ihr herum. Selbst das Kaffeetrinken ist somit ein Prozess in Gemeinschaft – wie sehr die Gemeinschaft in Syrien im Mittelpunkt steht, sollte die Reisegruppe an diesem Abend noch in vielen Details erfahren.
Esmail stammt aus einer Kleinstadt in der Nähe von Damaskus, ganz nah an der libanesischen Grenze. Bereits 2011 kam er für seine Promotion nach Deutschland. Durch den Krieg in Syrien ist eine Rückkehr im Moment ausgeschlossen. Ginge er jetzt nach Syrien, würde man ihn sofort ins Militär einziehen. Die Bilder, die er uns an diesem Abend auf seinem Computer von Syrien zeigt, sind alle vor dem Krieg aufgenommen. Aktuellere Fotos möchte er nicht zeigen und vielleicht selbst auch gar nicht sehen. Stattdessen nimmt Esmail die Reisenden mit in eine uralte Kulturregion, die seit Jahrtausenden am Schnittpunt zwischen Europa, Asien und Afrika von den unterschiedlichsten Kulturen geprägt ist. Ein typisch syrisches Viertel lässt sich deshalb nicht mit einem Wort beschreiben. Sunniten, Alawiten, Juden, Christen, Kurden – sie alle leben Tür an Tür, ihre Gotteshäuser stehen in direkter Nachbarschaft, gemeinsam feiern sie das muslimische Zuckerfest ebenso wie Weihnachten. „Der Krieg in Syrien ist kein Bürgerkrieg“, sagt Esmail. Die Bürger bekämpfen sich nicht. Es ist ein Weltkrieg, den die unterschiedlichsten Mächte auf einem kleinen Gebiet austragen.
Doch der Krieg soll an diesem Abend nicht im Vordergrund stehen. Nach acht Jahren in Deutschland hat Esmail seinen deutschen Gästen auch viel über sie selbst zu erzählen. Denn nachdem so viele Menschen aus seinem Kulturraum nach Deutschland kamen, sieht er, wie Deutsche und Syrer in vielen Alltagsituationen auf Missverständnisse stoßen, ohne es selbst zu merken. Wer seine eigene Kultur verlässt und in einer neuen ankommen möchte, muss mehr verstehen als nur die neue Sprache. Gestik, Mimik, alles, was zwischen den Zeilen gesagt wird – für ihn als Syrer waren diese Details noch viel schwieriger zu erlernen als die deutsche Sprache an sich. Anhand vieler Beispiele entführt Esmail seine Gäste deshalb in eine Welt voller kommunikativer Herausforderungen. So waren seine Gesprächspartner anfangs ihm gegenüber äußerst skeptisch, da er ihnen beim Reden nicht in die Augen schaute (was in Syrien aber ein Zeichen des Respekts ist). In Syrien ist es auch normal, jemanden mit großem Hallo und viel Zuneigung zu begrüßen, obwohl man sich gerade erst tags zuvor kennen gelernt hat. Wenn jemand etwas erzählt, unterbrechen die Zuhörer mit vielen Zwischenrufen und eigenen Erzählungen, weil sie so zeigen, dass sie dem Erzählten gespannt folgen. Und anstatt eine Einladung einfach direkt auszuschlagen, wird mit vielen Worten ausgeführt, dass man versuchen wird, die Einladung anzunehmen. Für einen Deutschen bedeutet das „ja“, ein Syrer versteht darin die beabsichtigte Absage. In Syrien steht in der Kommunikation immer das Gefühl im Vordergrund, mit Worten, Berührungen, Lautstärke und Überschwang versichert man sich seiner gegenseitigen Zuneigung. Die knappe, direkte Kommunikation in Deutschland steht dazu in einem starken Gegensatz, merken die Wohnzimmerreisenden.
Nach so vielen spannenden Einblicken in die syrische Kultur haben sich alle eine Stärkung verdient. Auf dem Boden breitet Esmail deshalb allerhand arabische Leckereien aus. Syrisches Fladenbrot, das die Gäste in Olivenöl und Zatar (eine Gewürzmischung aus wildem Thymian und Kumin) tunken, sauer eingelegte Aubergine, gefüllte Weinblätter, Humus, Kichererbsen und Saubohnen, Labaneh (ein eingedickter Joghurt), Halawa (eine süße Paste aus Pistazien und Zucker) und natürlich Datteln, Oliven und Sonnenblumenkerne. Gegessen wird mit den Händen. Eine der Reisenden zückt eine Packung Papiertaschentücher für alle, falls beim ungewohnten Essen doch mal etwas Öl danebengeht.
Nach einem Abend in Esmails Wohnzimmer nehmen die Reisenden viele neue Erkenntnisse mit. Einige selbsterlebte Missverständnisse werden ihnen jetzt erst deutlich, viel Neugier auf die arabische Kultur wurde geweckt. Aber auch etwas Wehmut nehmen die Gäste mit, denn das Syrien, das Esmail beschreibt, wird niemand so schnell selbst kennen lernen können. Esmail sagt, dass er viel gewonnen, aber auch viel verloren hat. Ein syrisches Zuhause lässt sich nicht so einfach in Deutschland wieder aufbauen. In Syrien würde man kaum auf die Idee kommen, überhaupt einmal umzuziehen. Man bleibt in der Nähe seiner Familie, kennt jeden Stein und jedes Haus in der Nachbarschaft. In der Freizeit rollt man einfach einen Teppich vor dem Haus aus, nimmt eine Kanne Tee mit und bleibt dort kaum eine Minute allein, weil sich sofort Nachbarn und Freunde hinzugesellen. Doch in Deutschland hat Esmail auch viel gewonnen. Er genießt mehr Freiheit. Außerdem hat ihn die Erfahrung, sich auf eine neue Kultur einzulassen, prinzipiell offener werden lassen. Er sagt, er begegnet Menschen jetzt nur noch als Menschen. Herkunft, Hautfarbe, Religion, Sexualität – nichts davon spielt mehr eine Rolle. Auch diese herzliche Offenheit ist bei unserem letzten Wohnzimmerabend für alle deutlich zu spüren gewesen.
شكرا (Shukraan) Esmail!

(Bericht von Lisa Osterburg, Franckesche Stiftungen, Halle an der Saale und Foto von Anna Kolata)